Dämonenbeschwörer und Drachenbändiger
Etwas weniger bekannt, aber ebenso grundlegend für die phantastische Literatur wie Tolkiens „Herr der Ringe“-Epos, ist der Zyklus um den König der mächtigen Zauberinsel Melniboné, Elric von Michael Moorcock. Herrschten die Melnibonér in früheren Tagen nahezu über die gesamte bekannte Welt, ist ihre Macht seither geschwunden. Arrogant, dekadent und selbstverliebt hat sich dieses Volk von Dämonenbeschwörern und Drachenbändigern auf ihre Insel zurückgezogen und schwelgt im Glanz der Vergangenheit. Über das morbide Königreich herrscht der junge König Elric, Spross einer uralten Blutlinie. Doch Elric ist schwach. Als Albino geboren, kann er nur mit Hilfe von stärkenden Kräutern und Magie überleben. Im Inneren trachtet Prinz Yyrkoon danach, den König vom Thron zu stoßen und von außen drängen die jungen Königreiche der Menschen darauf, das alte Melniboné endgültig zu vernichten. Dabei ist der Kampf der Königreiche auch ein Krieg der Götter, die immer wieder an der Seite der Sterblichen in den Konflikt eingreifen.
Ein König auf der Suche nach sich selbst
Vor diesem Hintergrund entfaltet Moorcock seine Geschichte, rund um den zentralen Protagonisten Elric. Der König ist dabei alles andere als ein klassischer Held. Geplagt von Melancholie und Schwermut, kämpft er ebenso mit sich selbst und dem Erbe seines Volkes, wie mit seinen zahlreichen Gegnern. Elric hinterfragt die alten Bräuche der Melnibonéer, die sich mit den Jahrhunderten weitgehend von moralischen Zwängen „befreit“ haben. Er sieht die jungen Völker durchaus als ebenbürtig an, ein Standpunkt, den seine arroganten Untertanen nicht nachvollziehen können. Elrics Dasein wird mehr und mehr zu klassischen Tragödie, um so mehr, als ihm die verfluchte Klinge Sturmbringer in die Hände fällt, deren mächtiger Geist ihn zum einen physisch stärkt und nahezu unbesiegbar macht, aber seine Seele dabei nach und nach verdirbt.
Ein Grundstein der Fantasy-Literatur
Michael Moorcock beschreibt eine düstere, high-fantasy Welt und einen geschundenen Protagonisten, der oftmals an seiner Umwelt und den ihm auferlegten Zwängen verzweifelt. Dabei strebt Elric im Kern nach dem schlichten Glück, er will sich nicht zum Erneuerer der Welt aufschwingen, sondern wird von ganz einfachen Gefühlen getrieben: Liebe, Rache, Furcht. Der Kampf Elrics mit seinen eigenen Dämonen, in diesem Buch durchaus wörtlich zu nehmen, reflektiert den Krieg der aufstrebenden Reiche, gegen die alten Dynastien, den Streit der Götter des Chaos gegen die der Ordnung. Die Sage vom Ende der Zeit ist ein großes Werk der klassischen Fantasy-Literatur, das auch jedem Leser heutiger Generationen sehr zu empfehlen ist. Wer strahlende Helden sucht, wird hier nicht fündig werden. Moorcocks Erzählung handelt vom Niedergang, in seiner reinsten Form. Ein Meilenstein dieses Genres und dabei vollkommen anders als der berühmte „Herr der Ringe“. Unbedingt lesenswert!