Ein Ende mit Schrecken
Die Saga um den Hexer Geralt, für die Gamer als the Witcher bekannt, hat weltweit Millionen Fans. Geralt ist kein klassischer, strahlender Ritter, eher Streicher als Aragorn. Seine arkanen Kräfte erlauben es ihm, auch die schrecklichsten Monster, Hexen, Nachtgestalten und andere Untiere zu jagen und zur Strecke zu bringen. Das er dabei das eine oder andere amoröse Abenteuer, mit dankbaren Maiden oder seiner Geliebten Yennefer erlebt, tut dem Mythos des Hexers keinen Abbruch.
Ich muss gestehen, auch ich gehöre zu den Geralt-Fans, zumindest, was die ersten Bücher angeht. Großartig geschrieben, ein wenig düster, trotzdem ironisch und witzig und mit einer Hintergrundgeschichte die ihre Geheimnisse nur langsam, Stück für Stück, offenbart. Leider zu langsam.
Mittlerweile bin ich bei „Die Dame vom See“ angelangt und habe das Buch weggelegt. Ich schaffe es einfach nicht mehr, den ewigen Abschweifungen und sprachlichen Auswüchsen des Autors zu folgen. Man kann mich altmodisch nennen, aber ich will einfach nicht vom „Nilfgaarder Mikroklima für optimalen Weinanbau“ lesen. Nicht in einem Fantasy-Roman. Irgendwann auf dem Weg hat der gute Andrzej Sapkowski seinen Schreibstil abdriften lassen und mir gefällt als Leser überhaupt nicht, wo er gelandet ist.
Ich setze noch Hoffnungen in den neuen Band „Zeit des Sturms“. Da soll Sapkowski wieder zu seinen Ursprüngen zurückfinden. Und hoffentlich auch, zu dem Geralt der Anfänge.
Du solltest die Kriege hinter dir lassen und bei Schloss Stygga wieder eintauchen, im Kapitel 9. Was du dort erlebst, und auch danach, wird dich entschädigen – und in einer ganz anderen Weise erschüttert zurücklassen 😉
Hast du „Zeit des Sturms“ schon lesen können? Wie ist deine Meinung?
Czesc Kasia.
Ich fand leider auch die Beschreibung im Schloss Stygga nicht so packend, wie ich es gehofft hätte. Mir gefällt einfach die sprachliche Mischung die Sapkowski nutzt nicht so richtig. Er benutzt viele moderne Worte und sehr technische Beschreibungen. Das zerstört für mich das Bild einer klassischen Fantasy-Welt, ein Bild, das ich beim „Hexer“ immer im Kopf hatte. Das die Szenen ziemlich erschütternd sind, da gebe ich dir recht. Aber die Sprache macht es mir etwas kaputt. Leider. „Zeit des Sturms“ habe ich noch nicht gelesen, aber ich mache mich mal dran und schreibe in Kürze etwas dazu. 🙂
Dass die Sprache in seinen Fantasy-Büchern manchmal nicht so „mittelalterlich“ klingt, ist schon oft an Sapkowski bekrittelt worden. Er selbst spricht das Thema sogar im Vorwort zu „Der Weg, von dem niemand zurückkehrt“ an (im Buch: Etwas endet, etwas beginnt) und meint, „dass Fantasy in keinem ‚Damals‘ spielt und dass sowohl eine altertümelnde wie auch eine besonders stilisierte Sprache verfehlt sind.“ Hält aber niemanden davon ab, seine ureigene Herangehensweise zu mögen oder eben nicht 😉
Ich finde „Zeit des Sturms“ ist sprachlich und auch inhaltlich (nicht zeitlich) irgendwo zwischen den alten Kurzgeschichten und der Roman-Pentalogie angesiedelt. Ich fand, dass der spritzige Humor etwas fehlte. Würde mich interessieren, wie es auf dich wirken wird 🙂
Ich gebe dir vollkommen recht, dass Fantasy nicht unbedingt in der Vergangenheit oder einem mittelalterlichen Kontext spielen muss. Absolut nicht. Aber wenn ich eine Welt aufbaue, wie es Sapkowski getan hat, in der ich Ritter und Burgen, Waldläufer und Elfen und viele andere Bilder und Symbole der klassischen Fantasyerzählung nutze, dann entsteht ein bestimmtes Bild. Das hat er auch lange aufrecht erhalten, aber irgendwann hat er es auf der sprachlichen Ebene verlassen. Und da fehlt mir der rote Faden. Es entsteht eine Lücke, zwischen dem was er beschreibt und wie er es beschreibt. Lies mal „Red Country“ von Joe Abercrombie, wenn du magst. Er entwirft eine Western-Geschichte, in der du eigentlich Revolver und Cowboys erwartest, vor dem Hintergrund eines Fantasy-Settings. Sehr ungewöhnlich, aber in dem Fall, aus meiner Sicht, mit rotem Faden. Den hat Sapkowski irgendwann verloren in meinen Augen. Aber die ersten Geschichten fand ich toll.
Ich denke, Sapkowski hat sich eher entwickelt als dass er von einem Stil abgewichen wäre. Man merkt es ganz deutlich in „Zeit des Sturms“, wo er in großen Teilen zu seiner früheren Erzählweise zurückkehrt, aber man merkt trotzdem eine spürbare Veränderung in der Weise, wie er Dinge angeht.
Ich sehe es als individuelle Herangehensweise, etwas, wovon sich Sapkowski von anderen unterscheidet. Und was ich in jeder meiner Rezensionen zu seinen Büchern schreibe: bislang war keines seiner Geralt- oder Narrentum-Werke Anwärter auf einen Literaturnobelpreis – lesenswert sind sie für mich trotzdem allemal ^^
btw: Abercrombie steht schon eine ganze Weile ganz oben auf meiner Bücherliste, die ich noch abarbeiten will. Vielleicht ist es tatsächlich jetzt Zeit ;D