Ein Magier auf der Suche nach Rache

Nicht erst seit Goethe üben Zauberlehrlinge eine besondere Faszination in der Literatur aus. So ist es auch mit Kvothe, der Hauptfigur in Patrick Rothfuss Roman „Der Name des Windes“ (engl. The Name of the Wind). Geboren als Kind von fahrenden Schaustellern, den Edema Ruh, überlebt Kvothe als einziger ein furchtbares Massaker an seiner ganzen Familie. Doch die Angreifer, die das Blutbad anrichteten, waren keine gewöhnlichen Menschen. Entschlossen mehr über die Welt des Mythischen zu erfahren, macht er sich auf den Weg zu einzigen Institution, die ihm Antworten verspricht: der legendären Universität für Magie. Denn nur als Magier kann Kvothe hoffen, einst Rache zu nehmen an den Mördern seiner Familie.
Königsmörder Chroniken
Im ersten Teil der „Königsmörder Chroniken“ beschreibt der Autor den beschwerlichen Weg des jugendlichen Kvothe an die Universität und den Anfang seiner Studien. Dass das vollkommen mittellose Waisenkind dabei einige Hindernisse zu überwinden hat und immer wieder Anfeindungen ertragen muss, ist wenig verwunderlich. Rothfuss erzählt diese Ereignisse der Chronik in einer Art Rückblende. Der erwachsene Kvothe betreibt eine Schänke in einem kleinen, verschlafenen Dorf unter einem falschen Namen. Dort macht ihn ein bekannter Chronist ausfindig und bittet ihn darum, seine Lebensgeschichte aufschreiben zu dürfen. Das Kvothe ein großer Magier und darüber hinaus ein sehr reicher Mann ist, wird durch Andeutungen schnell klar. Doch warum er sich in der abgeschiedenen Schänke verbirgt und der Zauberei scheinbar abgeschworen hat, bleibt ein Rätsel.
Viele Rästel bleiben offen
Diese rätselhafte Vergangenheit, macht einen der größten Suchtfaktoren des Romans aus. Unbedingt will der Leser erfahren, wer oder was die sagenhaften Chandrian sind, warum Kvothe einen Lehrling hat, der offenbar kein Mensch ist und was es mit dem Titel „Königsmörder Chroniken“ eigentlich auf sich hat. Patrick Rothfuss nimmt sich Zeit für seine Erzählung, mehr als Andeutungen und kurze, kryptische Hinweise erfährt der Leser zunächst nicht. Dabei spinnt er die Geschichte so geschickt, dass einem der Protagonist mit jeder gelesenen Seite mehr und mehr näher kommt. Teilweise ist die Sprache des Romans fast lyrisch zu nennen, beispielsweise, wenn Rothfuss die Stille beschreibt. Kvothe ist in vielerlei Hinsicht ein klassischer Held und trotzdem gelingt es dem Autor, dem Charakter eine bemerkenswerte Tiefe zu geben. Die Welt, die wir in Begleitung des Zauberschülers erleben, verbindet das alltägliche mit dem fantastischen. Letzteres, bleibt vielen Menschen allerdings verborgen.
Für mich gehört „Der Name des Windes“ zu meinen absoluten Lieblingsbüchern. Die Darstellung der Magie und das System dahinter, das sich der Autor erdacht hat, halte ich für herausragend. Der einzige Makel mag vielleicht sein, dass Patrick Rothfuss sich sehr viel Zeit lässt, die Rätsel seiner Figuren zu enthüllen. Für ungeduldige Leser eine echte Herausforderung, aber in jedem Fall eine lohnenswerte.
Ach was, ungeduldige Leser! Für die habe ich wenig Verständnis. 🙂 Ich lasse mich gerne bis zum Erbrechen auf die Folter spannen. Ist es nicht einer der Gründe, der Abenteuergeschichten spannend macht? (Ach ja, ich muss endlich auch mal Zeit für Patrick Rothfuss finden …)